Ernsthaftigkeit des Interesses des Vermieters bei einer Eigenbedarfskündigung (LG München I vom 16.01.2019, Az. 14 S 11239/18)

Ernsthaftigkeit des Interesses des Vermieters bei einer Eigenbedarfskündigung (LG München I vom 16.01.2019, Az. 14 S 11239/18)

Gerade bei lange andauernden Mietverhältnissen ist es nach Auffassung einiger Vermieter schwierig, die Miete auf einen „angemessenen“ Preis zu erhöhen oder gar das Mietverhältnis zu kündigen. Vermieter kündigen deshalb oft wegen Eigenbedarfs und machen gelltend, die Wohnung selbst nutzen zu wollen. Die Notwendigkeit des Eigenbedarfs muss vom Vermieter substantiiert dargelegt werden, macht der Vermieter allerdings nach Räumung durch den Ausgangsmieter von dem behaupteten Eigenbedarf keinen Gebrauch, so steht dem ehemaliger Mieter zwar ein Schadensersatzanspruch zu, seine Wohnung, die der Vermieter dann beispielsweise über Airbnb vermietet, erhält er aber nicht mehr zurück. Räumt der Mieter nach einer Eigenbedarfskündigung nicht, so kann der Vermieter Räumungsklage einreichen und muss dann den geltend gemachten Eigenbedarf beweisen. Zudem muss er ein sogenanntes ernsthaftes „Erlangungsinteresse“ darlegen, was bedeutet, dass der Kläger bzw. die von ihm benannte angehörige Person tatsächlich in die gekündigte Wohnung einziehen möchte. An diesem Punkt scheiterte die Räumungsklage in dem vom Gericht entschiedenen Fall.

In dem entschiedenen Fall bestand das Mietverhältnis im Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung bereits seit 40 Jahren. Nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung kam es zu einem Treffen der Mietvertragsparteien. Im Nachgang zu diesem Gespräch bot der Vermieter dem Mieter für die Dauer 7 Jahren einen Verzicht auf Kündigung wegen Eigenbedarfs für den Fall an, wenn der Mieter einer Mieterhöhung von 1.150,00 € auf 1.475,00 € zustimmen würde. Da es zu einer Einigung nicht kam, wurde vom Vermieter Räumungsklage erhoben.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht bestätigte die Abweisung. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Kläger zwar nachvollziehbare und vernünftige Erwägungen geschildert, weshalb er die streitgegenständliche Wohnung selbst nutzen wollte. Bei der Prüfung der Begründetheit der Räumungsklage scheiterte der Vermieter allerdings bereits daran, dass er den Nachweis des Erlangungsinteresses, also den Nachweis, dass er ernsthaft beabsichtige, in die streitgegenständliche Wohnung zu ziehen, nicht geführt habe. Nach Auffassung der Kammer sei es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger mit seinem Anspruch auf Eigenbedarfskündigung letztlich verfolge, die Wohnung freizukündigen und zu einer höheren Miete zu vermieten. Dafür spreche der Umstand, dass der Vermieter im Fall einer deutlich höheren Miete (1.475,00 € anstelle vorher 1.150,00 €) sich zu einem Verzicht auf die Geltendmachung des Eigenbedarfs bereit erklärt hatte.

Praxishinweis:

Das Gericht hat bei einem entsprechenden Vortrag des Mieters den Wunsch des Vermieters zu Eigennutzung auf seine Plausibilität zu überprüfen. Für diese Überprüfung können auch Ereignisse im Vorfeld oder im Nachgang der Kündigung herangezogen werden. Im vorliegenden Fall, sprach eine vorgeschlagene Mieterhöhung gegen den Eigennutzungswunsch.

Selbst dann, wenn die Kündigung und anschließende Räumungsklage Erfolg gehabt hätte, könnten dem Vermieter nicht unerhebliche Schadensersatzansprüche drohen, wenn er tatsächlich von seinem ursprünglich geltend gemachten Eigenbedarf keinen Gebrauch macht. In Zeiten von Wohnungsknappheit werden solche Ansprüche, etwa auf Zahlung der Umzugskosten und des Mietdifferenzschadens in immer stärkerem Umfang weiterverfolgt.

 

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