Kein Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht nach Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (BGH vom 17.10.2018, Az: VIII ZR 94/17)
In dem entschiedenen Streitfall hatte der gewerbliche Vermieter einer Berliner Wohnung, eine Personengesellschaft, den Mieter im Juli 2015 unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel brieflich aufgefordert, einer Erhöhung der Nettokaltmiete um rund 120,00 € monatlich zuzustimmen. Der Mieter stimmte der begehrten Mieterhöhung zunächst zu, widerrief diese Zustimmung allerdings danach und verwies auf die Widerrufsvorschriften im Fernabsatzrecht. Der BGH hat die bis dahin streitige Frage, ob die Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters (558b Abs. 1 BGB) vom Anwendungsbereich der Regelungen für den Verbraucherwiderruf bei Fernabsatzverträgen erfasst ist, dahingehend entschieden, dass ein solches Widerrufsrecht verneint wird und es dem Mieter damit nicht zusteht. Nach Auffassung des BGH sei die grundsätzliche Regelung in § 312 Abs. 4 BGB, dass sich das Widerrufsrecht auch auf „Verträge über die Vermietung von Wohnraum“ erstrecke, einschränkend auszulegen, so dass ein Widerrufsrecht des Mieters bei einer Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete (§ 558 ff. BGB) nicht gegeben ist. Der BGH begründet dies mit dem Regelungszweck sowohl der Bestimmungen über die Mieterhöhung bis zur örtlichen Vergleichsmiete als auch mit den Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen. Nach Auffassung des Senats solle das Widerrufsrecht den Verbraucher vor Fehlentscheidungen schützen, bei einer Mieterhöhung, die entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen mit dem Mietspiegel begründet werde, gäbe es allerdings kein Informationsdefizit und keinen zeitlichen Druck, weil der Vermieter frühestens nach Ablauf des zweiten Monats nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens auf Zustimmung klagen könne. Zudem müsse der Vermieter die Anhebung der Miete genau begründen.
Praxishinweis:
Dadurch, dass der BGH ein Widerrufsrecht für Mieterhöhungen verneint hat, hat er tausenden Mietparteien Rechtssicherheit gegeben. Hätte ein Widerrufsrecht bestanden, so hätte der Mieter ausdrücklich auf dieses Widerrufsrecht hingewiesen werden müssen, für den Fall, dass die Belehrung unterblieben wäre, hätte noch ein Jahr lang ein Widerrufsrecht bestanden. Eine solche Regelung hätte zumindest für gewerbliche Vermieter gegenüber Verbrauchern gegolten.
Der Senat weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass er dies nach wie vor für Verbraucherverträge zwischen einem gewerblichen Vermieter und einem Mieter, die in einer Haustürsituation geschlossen werden, anders sieht und verweist auf eine Entscheidung des Senats vom 17.05.2017, Az: VIII ZR 29/16. Dort wurde eine Modernisierungsvereinbarung zwischen Mieter und Vermieter getroffen, ein Vertreter der Vermieterin hatte hierbei den Mieter in der angemieteten Wohnung aufgesucht. Der BGH Senat hatte insoweit das Vorliegen eines Widerrufsrechts aufgrund der „Haustürsituation“ bejaht und dem Mieter mangels Belehrung über das Widerrufsrecht noch ein solches nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen zugesprochen. Gewerblichen Vermietern bzw. deren Hausverwaltungen wird es deshalb nach wie vor nicht zu empfehlen sein, Verträge rund um das Mietverhältnis im Rahmen des „Besuchs“ in der Wohnung des Mieters abzuschließen.